Sonntag, 22. Januar 2017

Zum Erschießen komisch












Er geht von der Halle zum Bäcker. Plötzlich kommt ihm dieser Kunde entgegen, Zuerst erkennt er ihn gar nicht. Dann muss er es doch, denn er spricht ihn an, deutet auf seinen Körper und sagt irgendwas, was er nicht versteht. Selbst beim dritten Mal.

Irgendwas mit „Merzen.“

Und immer wieder deutet er auf seinen Bauch. Hab ich etwa vergessen, den Hosenstall zuzumachen, eben auf dem Klo, denkt er.

Aber dann versteht er ihn doch noch. Er meint „Schmerzen“! Nicht „Merzen“.

„Was ist los?“ fragt er. „Hast du Schmerzen?“

„Nein“, antwortet er dem Kunden verdutzt. „Warum?“

„Weil du gehst so…“ Er macht einen schwankenden Gang nach.

Echt?

Ne, eigentlich ist alles in Ordnung. So in Ordnung wie das eben nun mal sein kann, auf dieser Welt, in diesem Leben.

Nein, ich habe keine Schmerzen. Ich bin nur heute Morgen neun Kilometer durch den Wald gelaufen…ich werde doch nicht ein Humpeln entwickeln… Wie meine Mutter… die hat es auch an der Hüfte.

Doch dann, als er weitergeht, denkt er: Das passiert mir immer wieder. Das sich die Leute irgendwas aussuchen, irgendeine äußerliche Besonderheit und dann fragen, was mit ihm los sei. Keine Ahnung warum. Weil sie ihm helfen wollen? Weil sie ihn runtermachen wollen? Oder vielleicht, weil die Leute einfach so sind? Weil sie andere runtermachen müssen, um sich selber besser zu fühlen. Eine Eigenschaft, die besonders in Deutschland weit verbreitet zu sein scheint.

Er selbst macht das nie. Da könnte jemand blutend vor ihm stehen, leichenblass, er würde ihn nicht noch extra darauf hinweisen. Ja, ok, vielleicht nicht ganz so schlimm, aber trotzdem…

Aber vielleicht machen die das auch genau deswegen. Nämlich weil er es nie macht. Weil die sich bei ihm in Sicherheit wägen. Vor einem Gegenangriff. Ihn kann man ja kritisieren. Ihm seinen Gang, seine Gesichtsfarbe, seine Frisur vorwerfen. Er macht ja sowieso nichts…

Und irgendwie stimmt das auch. Aber echt! Wie der alte Mann, der ihm jedes Mal sagt, dass er das ja bewundern würde…wie er das schafft, trotz Bauch, obwohl er kräftig ist, von Ippendorf bis nach Tannenbusch zu laufen. In der Psychologie nennt man das passiv aggressiv. Man kleidet etwas Negatives in ein vermeintliches Kompliment, das aber bei näherem Hinsehen gar keins ist, sondern das genaue Gegenteil: eine Beleidigung.

Wie letztens der Typ, der ihm mit einem vermeintlich besorgtem Lächeln mitteilte: „Du bist aber blass heute! …richtig käsig. Echt!“

Und wenn er dann was Ehrliches sagt, nämlich zum Beispiel „Du siehst auch nicht aus wie das blühende Leben“, dann ist er der Böse. Weil das ja nur „lieb“ gemeint war. Doch nur „nett“ gemeint war. Klar! Und das obwohl der Typ vorher noch gesagt hat, dass er eine Gesichtsfarbe hätte wie das „eiskalte Händchen“ aus der Addams Family. Und dann noch gelacht hat über seinen exquisiten Humor, seine Subtilität, seine…was weiß ich. Aber war ja alles nicht so gemeint…

Er ist da ja viel zu sensibel. Förmlich hypersensibel. Ein kleines Sensibelchen, inklusive dickem Bauch (vom vielen „gutgemeinte-Anmerkungen-und-Witzeleien-in-sich-Hineinfressen“) und käsiger Gesichtsfarbe.

Aber wenn du das wirklich nur „nett“ (was für ein Wort beziehungsweise Unwort) gemeint hast, warum hast du dann nicht gefragt, ob wirklich alles in Ordnung ist, ob ich mich nicht erst einmal hinsetzen wolle, anstatt hier an der Theke für dich Kaffee zu machen und deinen Witzen auf Kosten der Mindestlohn-Angestellten zu lauschen, die noch nicht mal besonders witzig sind. Aber natürlich kann der auf Mindestlohn beschäftigte sich ja nicht wehren, weil er genau hier steht, hinter der Theke und du ja der „König“ Kunde bist. Es sei denn er rotzt, kackt, pisst dir in den Kaffee. Er geht runter auf Klo, steckt sich den Finger ganz tief in seinen seit mindestens drei Tagen nicht mehr geduschten Arsch (es ist ja Winter und viel zu kalt zum täglichen Duschen!), ohne sich die Hände zu waschen. Oder er geht runter auf Klo und holt sich einen runter, indem er dabei an deine Frau oder deine Tochter denkt und macht dir dann einen Kaffee (auch zum Händewaschen ist das Wasser unten im Keller viel zu kalt!). Oder, wenn du ihn wirklich abfuckst…

…die Freuden des kleinen Mannes. Der sich um Kunden wie dich kümmern muss und sich (vermeintlich) nicht wehren kann, weil du ja der König Kunde bist. Und glauben Sie mir: Die meisten meiner Körperflüssigkeiten sind nicht halb so blass wie mein Gesicht…wenn du weißt, was ich meine…


Oder bist du wirklich nur zu sensibel und das ist einfach nur ein Spiel. Eine Art Spiel, bei dem man den anderen testet, sozusagen seine Verteidigungsbereitschaft austestet, um zu sehen…

…um was zu sehen?

So wie Putin das immer mal wieder mit dem Westen, mit der Nato macht, indem er Flugzeuge absichtlich in den Flugraum einzelner Länder eindringen lässt, um zu sehen, ob und wie schnell sie abgefangen werden. Ist das also normales menschliches Verhalten? Einfach mal antesten, wie der reagiert… Wenn er mich danach in Grund und Boden redet oder zurückschießt, muss ich in Zukunft eben ein bisschen vorsichtiger sein, aber wenn er nichts macht, kann ich weiter machen?

Die Frage ist: Warum spielt er nach den Regeln, während sich keiner sonst dranhält?

Und genau in diesem Moment kommt der Afrikaner rein, lacht wie Eddie Murphy und sagt: „Du bist immer nur am Geldzählen, wenn ich dich sehe…bist du nervös oder was?!“

Aber keine Angst: Letztens hat er zurückgeschlagen: Da hat er zu dem alten Mann, der ihn mal wieder auf seine Plauze oder Plät („Glatze“ für nicht Ringländer) angesprochen hat, gesagt: „Du bist aber blass heute? Bist du krank? Hast du niedrigen Blutdruck? Oder geht es langsam dem Ende zu? Setz dich erst mal… Beruhig dich erst mal…

Nein, nur Spaß! Wir machen doch alle nur Spaß… Besonders hier, in der deutschen Spaß- und Juxgesellschaft…












Dienstag, 17. Januar 2017

Zwischen Himmel und Erde, Himmel und Hölle














Im Zug von Meckenheim nach Bonn, abends nach der Arbeit, hat er plötzlich die Sicherheit, dass sie jetzt, genau in diesem Moment, an ihn denkt. Er spürt wie ihm urplötzlich Tränen in die Augen steigen, wie sein Gesicht einen so verzweifelt-traurigen Ausdruck annimmt, dass er eigentlich jetzt und hier zu heulen anfangen könnte. Hier, auf diesem Vierer, ganz vorne in der Bahn, die durch die winterliche Dunkelheit rauscht. Der Gedanke daran, dass sie jetzt, genau jetzt, auch an ihn denken könnte, zerreißt ihm das Herz, die Seele, den Körper.

Innerlich wiederholt er es noch mal: Er hat die Sicherheit, dass sie jetzt, genau in diesem Moment auch an ihn denkt. Fragen Sie mich nicht, woher. Ich weiß es nicht, aber es gibt so Momente im Leben. Einzelne Momente. Aber trotzdem: Warum denn gerade die „Sicherheit“. Das scheint ihm das falsche Wort, der falsche Ausdruck zu sein. Sicherheit. Nein. Gewissheit. Das ist besser: Er hat die Gewissheit, dass sie genau jetzt, in diesem Moment, zwei Tage vor der Scheidung, auch an ihn denkt. Oder ist Sicherheit im Endeffekt doch besser als Gewissheit? Etwas verlieht einem Sicherheit, etwas verleiht einem Gewissheit oder gibt einem Gewissheit, das ist nicht dasselbe. Aber was ist der Unterschied zwischen den beiden Wörtern? Sind das nicht letzten Endes ohnehin nur leere Worte, die weder er noch sie mit Leben zu füllen vermag. Mit Liebe

Draußen ist es dunkel und der Zug fährt weiter durch die kalte Nacht. Er ist kaputt, total kaputt. Innerlich wie äußerlich. Körperlich wie seelisch. Den Tränen nah, die nicht kommen wollen, die den Abgrund nicht zu überwinden vermögen.

Und wenn das alles nur Quatsch ist? Und sie gar nicht an ihn denkt? Gar nicht mehr an ihn denkt. Gedacht hat, schon seit langem nicht mehr. Wenn er sich das nur wieder einbildet

und diese tiefe Traurigkeit, die ihn in solchen Momenten überkommt, sein ganzes Wesen förmlich überschwemmt mit ihren schwarzen Wellen…was ist, wenn das alles nur in seinen Gedanken so ist? In seinem Kopf?

Er liest gerade dieses Buch. Wo dieser 36-jährige Japaner, der in seiner Jugend unzertrennlich mit vier anderen Jugendlichen (zwei Jungen und zwei Mädchen) so eng befreundet war, dass er es nie überwunden hat, als sie auf einmal, wie aus heiterem Himmel nichts mehr von ihm wissen wollten. Sich in komplettes, eisernes Schweigen hüllten. Seitdem nie wieder mit ihm gesprochen haben

Haruki Murakami. Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki.

Eines Tages macht sich Tsukumu – so heißt der Mann aus dem Buch – mit der Hilfe seiner Freundin Sara auf, um herauszufinden, warum seine Freunde ihn damals so jäh haben fallengelassen, von einem Moment auf den anderen. Er findet heraus, dass ihn Shiro, eins der Mädchen der Clique, damals vor den anderen bezichtigt hat, sie während eines Aufenthaltes in seiner Wohnung vergewaltigt zu haben und dass sie deswegen den Kontakt zu ihm abgebrochen haben…

Der Vergewaltigung bezichtigt


Vielleicht liegt das ja an dem Buch, dass er denkt beziehungsweise eben noch gedacht hat, dass Nadine genau jetzt auch an ihn denkt. Vielleicht liegt das ja daran und er bildet sich das alles nur ein. Vielleicht bildet er sich ja sein ganzes Leben nur ein. Vielleicht ist das alles am Ende gar nicht real. Vielleicht gibt es da ja mehr, von dem er nichts weiß

Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde

Mehr Dinge zwischen Himmel und Hölle

als wir uns vorstellen können.










Montag, 16. Januar 2017

Traumdeutung: Der Tunnel








“En todo caso había un solo túnel, oscuro y solitario: el mío, el túnel en el que había transcurrido mi infancia, mi juventud, toda mi vida.”
Ernesto Sabato, El túnel

  




Wir kriechen durch einen engen Tunnel. Ich und Nadine. Nadine und ich. Der Tunnel befindet sich in einem alten Haus, keine Ahnung, wo. Aber auf jeden Fall in einem Haus. Keine Ahnung, ob ober- oder unterirdisch. Ich habe einen Plan des Tunnels und krieche voran.

Auf einmal kommen wir in ein großes Zimmer. Da sitzen überall alte Leute. Fast alles Männer. Glaube ich zumindest. Die sitzen da einfach so rum, in ihren Sesseln und auf ihren alten Stühlen und wundern sich noch nicht mal großartig, dass wir kommen. Ich frage sie, ob der Tunnel nicht noch weitergeht. Laut Plan tut er das nämlich. Aber sie sagen, der geht nicht mehr weiter.

„Aber der muss doch weitergehen…“

„Der muss einfach…“

„Hier steht das doch…“

Das ist fast so wie bei einer Schatzsuche, wie in diesem Buch, dass ich als Kind so gern gelesen habe, wo diese Jugendlichen in Berlin einen Schatz suchen. Auch unter den Häusern.

Aber die alten Leutchen, die sich immer noch nicht über unsere Anwesenheit bei ihnen wundern, sagen alle:

„Nein. Da ist nichts mehr.“

Aber ich will noch nicht aufgeben und gucke mir den Plan noch einmal an. Bleibe bei ihnen, während sie Nadine anbieten, dass sie doch ihre Sauna nutzen kann. Sie hätten eine Sauna hier. Doch obwohl der Plan ganz klar etwas anderes sagt, finde ich keine Fortsetzung des Tunnels. Vielleicht wurde die ja zugemauert. Oder es gibt noch eine Verbindung, aber die wollen mir nichts von ihr sagen. Ich weiß auch nicht, was ich dort suche. Einen Schatz vielleicht. Auf jeden Fall kommt mir das alles reichlich mysteriös vor. So als würden die mich belügen. Das kann doch nicht sein

Ich weiß, dass da was sein muss

Am Ende gebe ich auf und gehe zu Nadine. Sie befindet sich in einem Raum, der mit hohen, ich glaube sogar dreistöckigen Etagenbetten ausgestattet ist. Dort liegen, unter Decken, alles nur Frauen. Nackte Frauen. Aber ich gehe direkt zu Nadine. Sie liegt in der Mitte eines der Etagenbetten. Woher ich das weiß, weiß ich auch nicht. Ich weiß es einfach. Sie schläft, genau wie all die anderen Frauen in dem Raum. Als ich unter die Decke packe, wacht sie auf, schreckt kurz hoch, bis sie mich sieht. Ich sehe ihren nackten Oberkörper, ihre kleinen, aber schönen Brüste mit dieser eigentümlichen Form, die sie immer hatten.


Ich wache auf und vermisse sie. Es ist Montag. Diese Woche ist die Scheidung. Es sind noch drei Tage bis zur Scheidung und ich krieche immer tiefer hinein in den dunklen Tunnel meines Lebens, immer auf der Suche

Nach was?

Nach etwas, dass nicht existiert? Das zugemauert wurde. Hinter dem sich vielleicht ein Schatz verbirgt, vielleicht aber auch nichts


Vorheriger Traum: Streit und komische Bilder











Samstag, 14. Januar 2017

Deutschland 2017









David, der Senegalese kommt zu ihm in die Halle, begrüßt ihn, lächelt. Er mag David. Der ist cool, der David, denkt er, ich mag den. Er macht ihm einen Kaffee und sie reden ein bisschen.


Irgendwann sagt David: „Ist nur Geld in Deutschland...“

Er nickt.

„Genau. Nur Geld.“

„Ich weiß, was du meinst. Meinst du, ich denke nicht so.“

„Ich habe zu meinen Kollegen gesagt. Noch fünf Jahre. Dann ist hier Schluss. Ich hab vor fünf Jahren, also jetzt noch vier Jahre.“

„Echt, ich weiß. Der ganze Terrorismus und alles. Das ist nicht mehr normal.“

„Ist echt nicht mehr normal.“

„Die sind doch auch bekloppt, die Deutschen…“ Er packt sich an den Kopf, zeigt ihm den Vogel, um zu sagen, dass er Recht hat. „Siehst du ja in Köln. Guck dir das an. Da kommen 2000 Leute, alles nur Männer, an Silvester in die Innenstadt. Was meinst du, was die da machen wollen?! Mit 2000 Mann!“

„Genau!“

„Und dann macht die Polizei was und wird kritisiert. Dafür, dass sie was gemacht haben…“

„Und vorher wird kritisiert, weil die nichts gemacht haben. Und jetzt, weil die was gemacht haben. Ist nicht mehr normal.“ Er packt sich wieder an den Kopf. „Die wissen nicht, was die wollen die Deutschen…“

„Da hab ich auch Angst, wenn meine Tochter nach Köln fährt. Mit 17…“

„Musst du aufpassen!“

„Ja, aber kannst du nichts machen.“

„Letztens in Köln, da war ich nach der Arbeit am Bahnhof. Nachts um zwei. Da standen da Mädchen, 14, 15, waren am Trinken.“

„Aber da macht doch die Polizei was, wenn die die kontrollieren…“

„Die Polizei hat die gesehen, hat nichts gemacht.“

„Häh? Normalerweise, wenn die unter 16 sind, um die Uhrzeit, dann schicken die die doch nach Hause, oder nicht?! Dann kriegen sogar die Eltern Ärger. Vom Jugendamt und so.“

„Die haben gesehen, aber die hatten anderen Einsatz.“

Er lacht. Haha.

„Geil!“

„Hier auch“, sagt David. „Habe ich in der Bahn gesehen. Die waren aus Somalia und einer aus Kamerun. 12, 13 Jahre alt. Was die geredet haben. Was die für ein Theater gemacht haben. Habe ich zu dem einen gesagt: „Weiß dein Vater, was du hier machst? Weiß dein Vater, wie du dich benimmst?“

„Und…was hat der gesagt?“

„Nichts.“

„Weil der wusste…die haben keine Werte mehr. In Afrika, da machst du so was nicht.“

„Das stimmt, es gibt hier echt keine Werte mehr.“ Er spricht ein bisschen leiser weiter, damit ihn die anderen Kunden nicht hören. „…gibt es hier echt nicht mehr Werte. Fällt alles auseinander. Die Familie, die Ehe, ist alles nichts mehr wert. Eltern…“

„Genau.“

Er geht nach ein Stückchen näher an David ran, damit keiner das hört, was er sagt. „Das sind alles die 68er schuld. Die Generation meiner Eltern. Mit ihrer scheiß freien Liebe und so. Wie soll man denn darauf eine Gesellschaft aufbauen?! Wenn es keine Werte mehr gibt...? Das war vielleicht gut für die damals. Aber heute…das macht die Gesellschaft kaputt.“

„Vier, fünf Jahre…“

„Die sind ja auch nichts mehr, die Politiker heute. Die labern alle nur. Nur blablabla. Es gibt ja auch keine vernünftigen Politiker mehr…die betrifft das ja nicht mehr, wenn was passiert. Die sind ja schon alt. Die haben ja ihre Rente...so 200.000 im Jahr oder so oder was die kriegen...“

"15.000 im Monat hab ich gehört..." Er überlegt.

 "Ja, kommt ja aufs Gleiche raus, am Ende. Ungefähr 200.000 im Jahr, sag ich ja."

„Ich sag dir eins. Die gehen alle nach Afrika. Nach Afrika und nach Asien. Bald, die Europäer. Und die Afrikaner kommen hier hin. Das ist die Zukunft. Ich habe mit Leuten geredet, die sagen mir genau das. Die wollen nicht mehr hier leben. Die wollen nur weg. Nach Afrika. Früher war das anders. Da wollten die ganzen Franzosen im Senegal zurück nach Frankreich. Aber heute ist das genau andersrum...“ Er lacht.

„Ist ja auch Scheiße. Nur arbeiten, morgens stehst du auf, abends kommst du nach Hause. Und sonst hast du nichts. Nur Arbeit.“ Und Rechnungen. "Und sonst. Spaß hat man hier sowieso nicht."

„Ja, ich gehe auch. Ich gehe in fünf Jahren in den Senegal zurück. Dann mache ich Schluss. Lass ich meine Arbeit hier, egal… die Deutschen…ich will nichts sagen, sind meine Landsleute, aber… Irgendwann gehen die alle nach Afrika.“

„Ich auch. Ich gehe irgendwann auch weg.“

„Verstehe ich nicht: Du kannst Englisch, Spanisch, Deutsch. Warum bist du noch hier…?“

Wenn du wüsstest, wie oft ich mir diese Frage am Tag stelle…

„Ich kann ja nicht. Meine Tochter ist ja noch auf der Schule…die muss ja erst mal fertig werden.“


Am Ende sagt David: "Wir sehen uns, Bruder!"

"Ja, bis dann, ne..."

Er ist schon fast zur Tür raus, als er ihm hinterherruft: "Nimm mich mit, wenn du gehst, nach Senegal!"

Zuerst versteht er ihn nicht, kommt wieder zurück, um ihn besser hören zu können.

"Wenn du gehst, nimmst du mich mit. Dann komme ich mit dir, ok?! Dann machen wir eine Bar oder ein Restaurant auf. Für Deutsche!"

David lacht und sagt: "Mach ich!"