Dienstag, 12. Juli 2016

Meine Wahrheit - No pasarán










Auch wenn…

…meine Eltern meine Wahrheit nicht mögen…
…meine Nachbarn meine Wahrheit nicht mögen…
…meine Chefin meine Wahrheit nicht mag…
…der Sohn meines Chefs meine Wahrheit nicht mag…
…meine Kollegen meine Wahrheit nicht mögen…
…meine Familie meine Wahrheit nicht mag…
…meine Freunde meine Wahrheit nicht mögen…
…meine Noch-Frau meine Wahrheit nicht mag…
…meine Schwägerin meine Wahrheit nicht mag…
…meine Mitschüler meine Wahrheit nicht mögen…
…meine Kunden meine Wahrheit nicht mögen…
…die Leute meine Wahrheit nicht mögen…
…die Frau an der Haltestellen meine Wahrheit nicht mag…
… _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ (bitte ausfüllen – denn diese Liste ist noch lange nicht vollständig!) meine Wahrheit nicht mag…
…die ganze Scheiß-Welt meine Wahrheit nicht mag…


…und selbst meine Tochter meine Wahrheit nur halb mag…

…werd ich noch lange nicht aufhören…

…zu schreiben!


Denkt er.



…denn es gibt vielleicht doch noch jemand da draußen…

…der meine Wahrheit hören will…

…und solange es diese eine Person noch gibt…

…werde ich keine Ruhe geben…






Sonntag, 10. Juli 2016

Du Wichser, du!










Er liegt vor dem Laptop auf dem Bett, hat gerade gegessen, ist satt. Da fällt ihm etwas ein: Er könnte sich ja wieder mal einen runterholen. Er ist ja jetzt wieder Single, da kann er sich einen runterholen, wann er will. Mal sehen, ob das Frauen genauso anmacht, das zu lesen, wie es Männer geil macht, wenn sich Frauen selbst befriedigen.

Letztens hat er in der Bild gelesen, dass Sex jung hält und verschiedene gesundheitliche Vorteile hat. Zuerst hat die Nachricht ihm Sorgen bereitet, da er seit der Trennung nicht mehr so viel Sex gehabt hat. Zumindest nicht regelmäßig. Aber dann stand da, am Ende des Artikels, dass Selbstbefriedigung den gleichen Effekt auf den Körper hätte – was ihn dann doch wieder ein bisschen beruhigt hat. Das wär ja noch schöner… Und so hat er sich jetzt vorgenommen, sich wieder mehr um seinen Körper zu kümmern. Und da gehören eben nicht nur der tägliche Waldlauf dazu, sondern auch…das fast tägliche Wichsen.

Ist das Leben nicht wunderbar! Irgendein Schlupfloch gibt es immer. So viel Sex hatte er ja früher, wo er noch glücklich unglücklich verheiratet war, schließlich auch nicht. Schon damals hielt sich echter Sex und Onanie ungefähr die Waage. Und oft war Letzteres auch besser. Oder zumindest weniger kompliziert…

Er geht ganz nach unten, in der langen Liste seiner Bookmarks. Er hat da diesen Account gefunden auf Twitter. Ja, auf Twitter! Ich habe auch gestaunt. Auf Twitter, dem Kurznachrichtendienst! Keine Ahnung, ob der gefährlich ist oder nicht, aber…

…das Leben ist auch gefährlich, denn er führt unweigerlich in den Tod.

Also: Let the games begin!

Das Besondere an dem Account ist, dass da nicht nur die für Twitter üblichen Kurzfilmchen von höchstens 30 Sekunden zu sehen sind, sondern auch längere Teile, die sogar bis zu 50 Minuten lang sein können.

Was gucken wir uns denn heute an? denkt er.

Zuerst guckt er sich Britney Interracial Gangbang an (Ja, ich weiß, aber das Leben ist auch peinlich!). Das geht sogar 50 Minuten, das Video. Und schon hat er einen Steifen. Wie dieser Schwarze der in dem Höschen rumfummelt, der blonden Britney, leicht versaut aussehenden Britney, das ist schon…durchaus intellektuell anregend. To put it mildly… Und wie er dann erst in sie eindringt, in ihre komplett haarlose Muschi, mit seinem großen, dicken, schwarzen Prügel. Während sie seinen Kumpel mit dem Mund befriedigt. Der ist noch schwärzer und noch größer, soweit ich das überblicken kann. Danach kommt auch noch ein Weißer dazu, der Hautfarbe nach zu urteilen. Kann aber auch ein Latino sein. Immerhin heißt das Ding ja „Britney‘s Interracial Gangbang.“ Und schon nach fünf Minuten hängen die beide auf der armen Britney. Die hat aber auch heute echt viel zu tun. Aber als beide auch noch anfangen, sie im gleichen Loch (und ich meine nicht das von vorne!) zu penetrieren, dann wird mir das doch ein bisschen zu viel, ein bisschen zu bunt und er hat keinen Bock mehr auf Britney. Das ist ihm dann doch ein bisschen zu viel…Verkehr. Das tut doch weh, wenn die beide mit ihren ohnehin nicht kleinen Gliedern in der rumwühlen. Obwohl man ihr nichts ansieht… Aber das ist dann doch eher abtörnend. Meint deine Schwester etwa das, wenn sie sagt, dass die in Amerika viel verdorbener, viel versauter sind als in Deutschland?

Auf nach Amerika! Was hält dich hier noch? Nicht viel…

Dann guckt er eine Weile diesen Typen, der es dieser süßen, jungen Blondine mit dem Mund macht, aber irgendwie erregt ihn das auch nur mittelprächtig, wie der da unten an der rumschlabbert und rumsabbelt. Er denkt: So ne echte Frau wär jetzt schon echt nicht schlecht. Aber wo hernehmen, wenn nicht stehlen?! Obwohl das auch nur immer Ärger war, damals mit Nadine. Welche Position? Wie? Wie lange? Ist sie auch zufrieden? Bewege ich mich auch genug? Bin ich ihr auch athletisch genug? Was will sie überhaupt? Will sie überhaupt Sex? Mit dir? Das war manchmal auch richtiger Stress. Männer sind wenigstens immer halbwegs zufrieden, wenn sie kommen…

Aber ist, aber war das wirklich so? War er immer zufrieden, wenn er mit ihr Sex hatte. Ja, ok, wer ist schon dauerhaft zufrieden, aber… Ok, zufrieden war er vielleicht, aber glücklich? Und dann immer ihre Reitbewegungen. Sie schaffte es irgendwie immer nach oben zu kommen. Bin ich etwa ein Pferd oder was?! Eine Kuh? So nannte sie ihn manchmal. Como una vaca vieja, sagte sie dann immer. Wie eine alte Kuh. Wohl kaum ein Kompliment. Und hatte sie erst mal ihre Position auf ihm eingenommen und angefangen ihn zu reiten (wie ein Pferd im besten Fall und eine Kuh im schlimmsten) dann…war das doch irgendwie schon leicht…langweilig. Immer das Gleiche. Und schlucken wollte sie auch nicht. Oft noch nicht mal blasen, obwohl er das wirklich liebte.

Die Rumäninnen machen das (nein, nur ein Witz!).

Aber weiter. Er hat noch nicht mal Hose runtergezogen. Und sein kleiner Freund hat sich auch schon wieder verabschiedet. So kann das nicht weitergehen. Dabei ist das Hardcore hier. XXX. Und nicht irgendein pissiges, pixeliges YouTube-Softpörnchen, in dem alle 50 Minuten mal was passiert, wenn überhaupt.  Er liest die Überschriften zu den Videos: Blonde babe homemade pussy masturbation. Aber nein, obwohl die gut aussieht, die Blonde. Schön natürlich, mit diesen schönen Titten. Nicht zu klein.

Aber auf masturbation hat er irgendwie keinen Bock, das macht er ja schließlich gerade selbst. Das wär ja so, als würde man ihm den Spiegel vorhalten, nur eben in weiblich. Ne, ne, das ist mir jetzt zu kompliziert. Ich will jetzt Ergebnisse. Ich will jetzt endlich Ergebnisse.

Also guckt er zwei dicke schwarze Mamas, die einen Schwarzen befriedigen (so ungewöhnlich ist das jetzt nicht, dass der auch schwarz ist, aber trotzdem, ich muss es ja erwähnen, der Vollständigkeit halber!) Der hat aber auch einen ziemlich langen Prügel. Einen extrem langen, aber diesmal dünnen Penis. Braucht der aber auch, bei dem Arsch! Da ist ja Kim Kardashian gar nichts gegen, gegen den Arsch von dieser Frau. Die kann ja Kim noch mit in ihren Arsch packen – und zwar in eine Arschbacke. Ach, du Scheiße. Der arme Mann! Man muss bedenken: Die sitzt auf dem! Mit dem Hintern!

Aber das ist auch nicht das Richtige. Das ist auch nicht so richtig…befriedigend. Eher schon bizarr. Und es herrscht weiterhin tote Hose. Das lockt keinen kleinen Nager aus seiner Höhle.

Also geht er weiter in der Liste. Vielleicht mal ein bisschen bondage. Zum Nachtisch sozusagen. Die asiatischen Schriftzeichen regen auch zum Klicken an. Aber irgendwie ist das komisch: asiatischer Hardcore. Das ist man gar nicht so gewöhnt. Eher diese Softteile. Die sieht aus wie eine Japanerin. Mit richtig schönen Titten, zwischen den Fesseln. Und einer halb rasierten Muschi. Wie man durch das leicht feuchte (von ihr?) Blümchen-Höschen hindurch klar und deutlich erkennen kann. So wie ich das mag. Wenn nicht gleich alles auf den Tisch gelegt wird, sondern etwas zur Abwechslung auch mal nur angedeutet wird. Das erhöht die Erotik. Die Autoerotik sozusagen. Gefesselt hätte ich Nadine auch mal gerne. Dann hätte sie wenigstens nicht immer die gleichen Reitbewegungen gemacht! Und hätte mal stillgehalten. Wie soll sie denn da was fühlen, wenn sie die ganze Zeit Action macht, reitet, zerrt, rotiert, drückt? Das hab ich ihr immer mal wieder vorgeschlagen, in periodischen Abständen, sie ans Bett zu fesseln und mit Wachs zu bearbeiten. Natürlich nur leicht. Wollte sie natürlich nicht. Experimente wollte sie nicht. Sie wollte immer nur reiten, auf der toten Kuh rumreiten. Wenn überhaupt. Irgendwie…und das merke ich nicht erst jetzt, waren wir sexuell nie so richtig kompatibel. Aber zurück zu dem Japaner, der mittlerweile sein Ding draußen hat. Er mag zwar einen kleinen Penis haben, aber dafür eine Rieseneichel. Vielleicht ist das der Fetisch in Japan! Wie bei uns der schwarze Prügel. Die Japaner sind schon lustig. Mit ihrem ständigem Rumgeheule und -gejammere, ihrer Zierde, ihren qualvollen Gesichtsausdrücken, ihren Schamhaaren. Aber am Ende ist das genauso falsch wie das dauernde westliche Rumgestöhne. Und er ist noch immer keinen Deut schlauer.

Ne, die ist nicht so toll, diese Japanerin. Obwohl er wie verrückt an seinem Schwanz rumrubbelt, zieht und zerrt, will keine Stimmung aufkommen.

Aber langsam muss ich mal zu Potte kommen hier, denkt er. Also zieht er sich die Shorts bis zu den Knien runter und legt ihn komplett frei. Vielleicht hilft das ja. Natürlich, nachdem er das Fenster geschlossen hat, das nur gekippt war. Ich will ja nicht, dass mich der Vermieter nachher noch so sieht. Das ist ja so ein Schleicher, der Typ. Ein Lesetreter, ein Detektiv mit seiner Kangol-Mütze.

Aber dann landet er doch noch einen Volltreffer. Denn die von dem hot closeup ist wirklich besser als alle ihre Vorgängerinnen. Mit ihrer schönen, Muschi und ihrem einfachen, blauen Oberteil, dass sie sogar anlässt. Jetzt steht er auch wieder. Die ist glaub ich Französin und spielt vor der Kamera mit ihrer Muschi. Zieht die Lippen mit den Fingern auseinander und dann geht die Kamera sogar noch näher (und das ist jetzt wirklich mal ein hot closeup. Denn die Kamera zeigt ihre Vagina so nah, dass man richtig in das kleine Loch reingucken kann. Das kleine schwarze Loch. Geil. Das bringt dich schließlich doch noch in Wallung. Du rubbelst und rubbelst, bist ganz fasziniert von dieser kleinen schwarzen Öffnung, die sich da vor deinen Augen auftut. Wahnsinn! Da kann man richtig in die reingucken. Da, wo normalerweise in Pornos der Penis drinnen steckt, ist bei der nur diese kleine, schwarze Öffnung zu sehen. Das ist ja schon fast philosophisch, schon fast existentialistisch, wie die sich präsentiert. So geil! Wie eine Höhle, eine dunkle Leere, die da entsteht. Wie deine Seele. Ein dunkles, kleines Loch, in dem alles verschwindet. Das alles aufsaugt, all die positive Energie. Boah. Schon nach gut zwei Minuten kann ich nicht mehr, sage mir „scheiß drauf!“ dreht mich auf den Rücken und komme. Geil! Wenig Sperma heute. Das aber prompt auf die Bettdecke tropft. Scheiße. Ich verwische es so gut das geht, ohne das noch mehr von meinem Körper runtertropft, verwische auch die klebrige Flüssigkeit unterhalb meines Bauches. Und gehe auf Klo. Das hat gut getan! Das brauchte ich jetzt. Nach den 90 Minuten Waldlauf heute Morgen schon das zweite Mal, dass ich meinem Körper heute gutgetan habe.

 Erst gehe ich pinkeln und dann ganz ausgiebig kacken. Es bringt auch Vorteile, wenn man den Sonntag für sich hat! Wenn keiner einen stört, denke ich als ich, auf dem Klo sitzend, an dem fetten Mückenstich an meiner linken Wade herumkratze. Dieses Bein macht mich voll fertig! Das juckt und juckt nach dem Mückenstich.

Plötzlich fällt mir auf, dass das Fenster immer noch auf Kipp steht. Scheiße. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Nachbarn wird’s freuen. Mein Geruch. Wenn die gerade am Grillen sind… Aber dann wäre ich der Erste, der was riechen würde. Aber die sind Asiaten. Die sind „nett“, von Nationalität wegen schon. Die würden nie was sagen. Selbst wenn es leicht riechen würde. Nach Haufen. Hundehaufen. Niemals Menschenhaufen.


Er denkt: Glücklich macht das nicht, aber befriedigen tut es einen schon. Für den Moment.






Samstag, 9. Juli 2016

Samstag: Routine im Gefühls-Tagebuch









Morgen mache ich mir Nudeln mit Hackfleisch, Pilzen und Sauce, denkt er. Das hält mich am leben. Im doppelten Sinne: Wenn ich nicht essen würde, würde ich sterben und wenn ich mir nicht ab und zu etwas gönnen würde, würde ich genauso sterben.

Essen ist der Sex der alten Männer…

…und der Getrennten.


Vorher werde ich durch den Wald laufen. Genau 1 ½ Stunden. Um mich davon zu überzeugen, dass es noch einen Sinn macht hierzubleiben. Obwohl ich genau weiß, dass das nicht der Fall ist…



wer will schon nur leben



Abends checkt er seine Lottozahlen… Im Jackpot sind 13 Millionen.

Die Superzahl ist schon mal falsch. Die 7. Er hat die 4. Da ist er sich sicher. Dafür brauch er gar nicht auf seinen Schein zu gucken. Mit seinen zwei Standard-Kästchen hat er schon mal nichts gewonnen. Vielleicht mit den anderen beiden. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Aber sie stirbt. Denn er hat nichts gewonnen. Einmal zwei Richtige. Die 1 und die 49. Mehr nicht. Mit Superzahl wären das 5 Euro, aber so…

Nichts



Wie sagt dieser Ratgeber das:

Jeden Tag fängst du von neuem an.

und jeden Tag verlierst du aufs Neue


In diesem Selbsthilfebuch, das er liest, stand, dass man ein Gefühlstagebuch führen soll. Etwa so?

Liebes Gefühlstagebuch,
heute war ein weiterer, verlorener Tag. Ein weiterer Tag meines kostbaren Lebens weg! Meiner kostbaren Lebenszeit, die nie zurückkommen wird. Aber wenn man erst daran denkt, dann ist es meistens eh schon zu spät, liebes Gefühlstagebuch. Ich fühle mich so leer. Und gleichzeitig fühle ich so viel. So viele Gefühle. Viel zu viele. Ich vermisse Nadine noch immer, obwohl sie ja nicht tot ist wie die Frau von diesem Typen aus Ministerio del tiempo, dieser spanischen Serie, die ich heute Morgen geguckt habe. Ich habe geheult. Das war so traurig. Wie der versucht hat seine Frau, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, zu retten. Und es trotzdem nicht geschafft hat. Weil sein Eingreifen genau das Gleiche bewirkt hat, nämlich, dass sie wieder angefahren wurde, nur diesmal über ein paar Banden mehr. Das war so traurig. Aber Nadine ist nicht tot, sage ich mir immer wieder. (Vielleicht ist es ja auch nur mein Stolz, der tot ist.) Sie ist gegangen, weil sie gehen wollte. Sie lebt noch, ist sogar vielleicht glücklicher als vorher mit dir. Ganz sicher: Sonst würde sie ja zu dir zurückkommen. Oder? Sie will nicht mehr mit dir zusammen sein. Sie will nur nicht mehr mit dir zusammen sein. Das musst du einsehen. Seh das endlich ein. Das ist nicht vergleichbar mit dem Typen aus der Serie. Außerdem ist das eh nur eine Serie.



Und außerdem läuft im Radio: „Willst du mit mir Drogen nehmen?“ Und dann „Follow me“ Das Video mit den Tangas. Das weiß er noch. Obwohl er das gar nicht so gut fand, sich glaub ich nie einen runtergeholt hat, darauf. Ganz anders als bei Madonnas „Justify my love“, als er wie alt war? 15? 16? Da ging es immer weiter, in seinem Zimmer, über dem Wohnzimmer seiner Eltern. Madonna in Spitzenunterwäsche war aber auch einfach zu verführerisch. Zu geil. Ja, ich weiß, aber damals gab es noch kein YouPorn oder PornHub oder was auch immer.



Der Türke kommt noch mal mit 100 Euro. Das ist schon komisch: Es gewinnen immer die, denen du es nicht gönnst…







Was für ein Hundeleben!










Der Koch von drüben steht am Geldwechsler. Er grüßt ihn im Runtergehen. Unten hat jemand auf den Automaten gerotzt. Jetzt muss er das wegmachen. Toll.

„Hallo“, sagt er ein bisschen stockend. Eigentlich wollte er ihn nicht grüßen, aber das kann er auch nicht machen. Nicht mehr. Denn der brasilianische Koch ist „nett“. Nicht nett  wie seine Tochter das Wort benutzen würde, sondern wirklich nett. Un tesoro.

Er dreht sich um und erwidert den Gruß. Er geht zu ihm hin und sagt: „Alles klar?“

Der Koch antwortet, indem er ihn anguckt und sagt: „Findest du das Leben schön oder Scheiße?“ Einfach so, aus wortwörtlich heiterem Himmel (der geht ihm schon den ganzen Tag auf die Eier, dieser scheiß heitere Himmel!). Die Frage überrascht ihn. Und auch wieder nicht. Ich sage ja, der Koch ist ein tesoro, ein Schatz.

Er überlegt einen Moment, dann sagt er: „Im Moment eher…“ Sein Daumen geht nach unten.

Der Koch sagt: „Menschen sind das, die das Leben scheiße machen. Menschen!“

ok

„Menschen…“ sagt der Koch im Hinausgehen, „…eine Vogel oder eine Hund findet das Leben nicht Scheiße…“

Stimmt. Da hat er recht.

„Stimmt…aber wir sind keine Hunde. Oder Vögel. Wir sind Menschen.“

„Ja, aber warum können wir nicht einfach wie Tiere leben? Einfach fliegen oder laufen.“

Recht hat er.

„Weil wir keine Tiere sind. Weil wir zu viel denken.“

„Aber warum?“

„Das weißt du ganz genau, warum!“

Er guckt ihn an. In seinem Gesicht sieht er, dass er das ganz genau weiß, warum. Und auch der Koch sieht bestimmt in seinem Gesicht das Gleiche. Wie in einem Spiegel.

„Das muss ich dir doch nicht sagen, warum. Das weißt du selbst…“

Weil wir an den Tod denken.

„Ja, ich weiß…“

„Weil wir zu viel denken…“

Weil wir anders als Tiere fähig sind, uns unseren eigenen Tod auszumalen. Wie das sein wird…

„Menschen machen alles Scheiße.“

Stimmt, aber wir sind nun mal Menschen. Wir haben nicht die Wahl. Die Tiere auch nicht.