Mittwoch, 4. Mai 2016

Eros und Thanatos



04.05.16




Er hört Johnny Cash auf dem Laptop. I see a darkness. Wo der fünfmal hintereinander “Do you know how much I love you?!” singt. Oder singt er fünfmal hinteinander „I see a darkness“? Liebe und Tod. Eros und Thanatos. Die zwei Kräfte, die diese Welt bewegen. Die diese Welt am Leben halten. Die diese Welt sterben lassen, während auf deinem Computer der „Zeitgemäßes-über-Krieg-und-Tod-Tab“ noch immer geöffnet ist.


In den Kommentaren schreibt ein Typ, dass sein großer Bruder das Lied als Hilferuf benutzt hat, kurz bevor er sich umgebracht hat. Und das er sich Vorwürfe macht, weil er nichts gemerkt hat. Wie sollte er denn auch


Auf dem Weg vom Netto frage ich meine Tochter: „Willst du nicht heute Abend rausgehen?“

„Nein“, sagt sie.

„Dann musst du wohl oder übel Johnny Cash ertragen. Den höre ich nämlich heute! Heute Abend wird eine Cash-Night…“

„Wer ist das?“

„Glaub mir, wenn du den hörst, dann weißt du, wer das ist.“

Er erzählt ihr die Geschichte


So weit ist er noch lange nicht

Oder doch?!

Was hält das Leben noch bereit.

An Leid und vielleicht sogar auch Freude

Die Waage zwischen Leid und Freude, guten und schlechten Zeiten.

Das war genau das Lied, das er damals gehört hat, direkt nach der Trennung, noch unter Schock


Die bei ihm nur eine Richtung kennt


Glenn Campbell, I fucking feel you, buddy.

Heute lief dieser Bericht über die Typen, die in diesem Herzinfarkt-Burgerrestaurant 8000-Kalorien-Burger in sich hineinstopfen. Einer ist sogar direkt vor dem Restaurant gestorben. Und damit macht der Besitzer noch Kasse. Nicht etwa, in dem er es unter den Teppich kehrt, sondern indem er die Asche des Kunden in einer Whiskey-Flasche im Restaurant aufbewahrt.



Das ist schon verrückt


Das Leben




Dienstag, 3. Mai 2016

Vatertag









„Was willst du denn zum Vatertag?“ fragt María, als ich sie am Montag wiedersehe.


„Ist Vatertag? Bald?“

„Ja, am Donnerstag.“


„Echt? Nichts. Es reicht schon, dass du da bist! Das reicht voll und ganz. Du brauchst mir doch nichts schenken.“

Sie sagt nichts.

„Oder vielleicht doch: Einen Kuchen hätte ich gerne. Back mir einen Kuchen.“

„Aber wie denn ohne Mixer?!“

„Haben wir keinen Mixer?“ Bei uns, bei mir Zuhause.

„Ne.“

„Echt nicht? Aber wir haben die Aufsätze…die Aufsätze sind da.“

Die Aufsätze sind bei mir/uns, der Mixer bei Mama. Und da geht sie nicht hin, diese Woche.

(Eigentlich lüge ich ja, María. Nicht, wenn ich sage, dass es mir reicht, dass du da bist. Das stimmt. Aber ich hätte trotzdem da noch so ein paar Wünsche – obwohl ich genau weiß, dass du sie mir nicht erfüllen kannst. Wie solltest du denn auch?! Ich wäre gern mit wieder mit deiner Mutter zusammen, ich würde gern in Spanien leben, dort in der Gastronomie- oder Tourismusbranche arbeiten, ich hätte gerne ein bisschen Geld, ein bisschen Sonne, ein bisschen Liebe in meinem Leben. Aber dafür kannst du nichts, daran kannst du natürlich nichts ändern und in der Zwischenzeit genügt es mir auch, dass du einfach nur da bist, am Vatertag.

…ach so, und außerdem würde ich gerne nicht noch älter werden

…und natürlich nicht sterben müsse…aber auch nicht ewig leiden müssen. Ja, ich glaube, das war’s jetzt, aber so ein Lottogewinn wär auch nicht schlecht. Aber in der Zwischenzeit…)








Frühstück und Liebeskummer








Heute gibt es das Frühstück aller Liebeskranken: Er isst Fladenbrot mit kleine Frikadellen, Butter und Käse. Dazu gestrudeltes Erdbeereis von Aldi. Cola und noch eine Extra-Scheibe Käse.



Noch Fragen?!








Jung und Schön









„Gestern lief noch ein guter Film. Gestern Abend…“, sagt er zu María, die im Bad ist. Er hört sich mittlerweile schon an wie seine Mutter. Wie seine Mutter, die damals – und heute noch immer nicht – nie einschlafen konnte, nachts. Die wie eine Leiche, eine lebende Tote, eine alte Zombiene nachts stundenlang vor dem Fernseher lag und…über das Leben nachdachte? Tat sie das wirklich oder war das nur seine Einbildung? Egal. Auf jeden Fall antwortet María sogar ein bisschen interessiert mit einem fragenden „Ja?“ aus dem Bad. Die Stimme aus dem Bad. Ja, der war echt interessant…“ „Echt?“ sagt sie. „Ja, der hieß „Jung und Schön“ und handelte von einer Siebzehnjährigen. Aus Frankreich.“ Mehr sage ich nicht. Mehr kann ich nicht sagen. Ohne meine Anwältin.

Denn der Film handelt zwar von einer Siebzehnjährigen aus Frankreich – soweit, so harmlos –, die aber dann durch einen älteren Mann, der sie – wie passend – eines Tages auf dem Schulhof anquatscht dazu verleitet, ihren Körper über das Internet an ebenso zahlungskräftige und betagte Herren zu verkaufen. Bis eines Tages ihre Mutter dahinterkommt, als der ursprüngliche Freier, den die Tochter mittlerweile regelmäßig sieht, bei einem dieser Treffen unter ihr stirbt und sie ihn in Panik einfach im Hotelzimmer zurücklässt. Krass. „Die ist durch“, würde María sagen. Das habe ich gestern erst gelernt, das mit dem „Die ist durch!“. Man lernt nie aus. Auch nicht abends vor dem Fernseher. Bei den Öffentlich-Rechtlichen. Beim Lügenfernsehen…