Donnerstag, 18. Januar 2018

Duermen los pollitos...
















Nachts, allein im letzten Zug, in der letzten Voreifelbahn, die ihn jetzt nicht mehr nach Hause nach Bonn-Finkenhof bringt, sondern nach Meckenheim, denkt er an früher, wo er noch mit Nadine zusammen war. Damals würde er jetzt mit ihr im Zug sitzen, entweder neben ihr oder ihr gegenüber, aber immer ganz nah. Er würde müde sein, aber trotzdem lachen. Sie würden lachen, lachen und reden, er würde sie berühren, umarmen, küssen, vielleicht sogar sie ihn. 


Er würde ihre Wärme spüren, sie war immer so warm, „wie eine Heizung“, sagt sie dann immer. Und tatsächlich: Deswegen konnte er auch nie neben ihr schlafen, in ihren Armen. Außer in Schottland, in diesem langen, kalten, nordschottischen Winter, in dieser Wohnung in Aberdeen, die nicht mit einer normalen Heizung ausgestattet war, sondern mit so einem Elektro-Ding, wo man immer die Einheiten kaufen musste, am Telefon. Da schliefen sie immer in den Armen des anderen, María zwischen oder neben ihnen (zumindest manchmal, glaub ich). Acurrucaditos, sagte Nadine dann immer. Und manchmal sang sie auch dazu, tippte María auf die Nasenspitze, lachte und sang: Duermen los pollitos, acurrucaditos, duermen, duermen, duermen… Ich glaube, so ging das. Das war glaub ich aus einem Kinderlied, aus Ecuador oder aus Spanien, was weiß ich.

…und María lächelte dann auch immer, kicherte wie nur ein Baby kichern kann. Diese freche, dreckige Kichern, dass noch nichts weiß von dieser Welt…


Außer in Schottland…

Aber in Deutschland war ihm das immer zu heiß. Da brach er die Umarmung schon nach kurzer Zeit wieder ab, unterbrach dieses Band zwischen ihnen und legte sich auf seine Seite des Bettes, meistens sogar mit dem Rücken zu ihr…


Wenn sie jetzt hier wäre, dann würden sie lachen, reden, sich berühren…

Über was haben sie damals eigentlich immer geredet, die ganze Zeit über, den ganzen Tag lang? Er kann sich nicht erinnern, nicht an ein einziges Gespräch, beim besten Willen nicht. Er weiß es nicht mehr. Kann oder will sich nicht erinnern. Über alltägliche Dinge? Die Schule von María, ihre Leistungen, Nadines Arbeit, seine Träume. Ihre…

Keine Ahnung. Da, wo seine Erinnerung an diese Gespräche war, klafft ein schwarzes Loch. Das tiefer ist als der tiefste Graben und schwärzer als die dunkelste Nacht

unüberwindbar