Freitag, 11. August 2017

Der Apfel schweigt...



Lester Burnham: "Wie geht's Jane?" - Angela: "Wie meinst Du das?" 
Lester: "Ich meine wie ist ihr Leben so - ist sie ein glückliches 
Mädchen oder vielleicht unglücklich? Ich würde es wirklich gerne 
wissen, doch sie würde eher sterben als mir davon zu erzählen." 
 
"Janey ist ein ziemlich typischer Teenager, zornig, unsicher, verwirrt. 
Wie gern würde ich ihr sagen, dass das alles vorbeigeht. 
Aber ich will sie nicht belügen."
(American Beauty)







Du darfst wirklich nicht zu viel erwarten von ihr. Du warst genauso gewesen, in dem Alter. Du erinnerst dich noch, wie dein Vater dich zum Basketballtraining nach Pennenfeld gefahren hatte und ihr zusammen im Auto gesessen hattet. Keiner von beiden sagte irgendetwas, man konnte die Anspannung praktisch schneiden, so schlimm war es. Was hättest du ihm sagen sollen. Ihm von deinen Problemen erzählen sollen; das du noch immer Jungfrau warst und das dich belastete, weil du endlich eine Freundin wolltest, weil du endlich jemand haben wolltest, normal sein wolltest, wie all die anderen auf deiner Schule; dass du einsam warst, dass du kaum Freund hattest (bis auf Alex einmal die Woche zum Squash), dass du dich ungerecht behandelt fühltest...


War das bei ihm genauso gewesen? Hatte er auch bis zu einem gewissen Punkt mit dir geredet und dann irgendwann aufgehört, aufgegeben, weil du zu verschlossen warst, weil er dich einfach nicht verstand und auch nicht verstehen wollte. So wie du jetzt.
Du hättest dir lieber die Zunge abgehackt oder rausgeschnitten als ihm irgendetwas von deinen Problemen, deinen Sorgen zu erzählen. Und jetzt verstehst du das gleiche Verhalten in deiner Tochter nicht?! Das heißt ja nicht, dass du damals nicht irgendeine Zuneigung für ihn gespürt hast, dass du ihn nicht auf irgendeine obskure Weise als Sohn geliebt hast, nur weil du mit ihm nicht reden konntest…

Es heißt auch nicht, dass in dir nichts vorging, dass du dir keine Gedanken machtest (das war auch schon bei N. dein großer Fehler!). Aber er kam mit dir genauso wenig klar wie du jetzt mit deiner Tochter. Was war passiert? Ich weiß es nicht. Du hast irgendwann einfach aufgehört, mit ihm zu reden, hast dich in dir verkrochen, hast es alles mit dir selbst ausgemacht, sahst nur noch in deinem Zimmer und hast ein Rap-Video nach dem anderen geguckt oder auf Video aufgenommen, Basketball auf dem „roten Platz“ gespielt und Spiele mit dir selbst gespielt. Weil du keinen hattest, der mit dir spielt. Zumindest die meiste Zeit nicht. Hat er sich damals auch diese Gedanken gemacht, all diese Gedanken oder war es ihm irgendwann egal und er hat nur noch geschwiegen. Genau wie du. Hat er auch irgendwann gedacht, dass in dir nichts „steckt“ und dich aufgegeben? Ist das vielleicht sogar der natürlich Lauf der Dinge? Obwohl so viel in dir vorging, so viele Gedanken, so viele Gefühlen, du konntest sie ihm nur nicht sagen. Weil du sie keinem sagtest, auch nicht Mario oder so (dem sowieso nicht!).

Aber du konntest es nicht so gut wie er. Du brauchtest immer Aufmerksamkeit…Anerkennung, die du (fast) nie bekamst. Von ihm nicht und auch von sonst niemandem. In der Schule warst du ein „Geist“. Du nahmst zwar teil, aber auch wieder nicht. Warst physisch da, anwesend, aber mit anderem beschäftigt. Mit den Augen von Mara, Christina, Susanna usw. Aber auch bei ihnen warst du als komischer „stiller“, „schüchterner“ Einzelgänger verschrien. Und du willst deine Tochter nicht verstehen? Kannst oder willst nicht? Solltest du eigentlich. Aber vielleicht verstehst du sie genau deswegen nicht, weil das dir zu vertraut, weil das dich zu sehr an deine eigene Geschichte erinnert, weil es too close to the bone ist. Too fucking close…

Wenn ich groß bin, wenn ich einmal Vater bin, mache ich alles anders. Besser…

Klar