Dienstag, 21. Februar 2017

Roma 2012 III











Ich wusste gar nicht, was ich hier suchte, hier draußen in der lauen römischen Nacht. Ein Hemd an. Auf alle Eventualitäten vorbereitet. Oder doch nicht? Ich weiß es nicht mehr. Vielleicht hatte ich auch einfach nur meine Shorts an – vielleicht sogar meine Strandshorts. Die mit den roten Blümchen. Keine Ahnung, ob ich die damals schon hatte. Oder die weiße mit den roten Streifen. Die war zumindest aus Stoff. Nicht wie die Blümchenshorts, die mehr eine Badehose als eine richtige kurze Hose war. Ja, vielleicht hatte ich die ja damals noch, diese weiße Shorts mit den verschiedenen vertikalen Streifen. Die mich immer ein bisschen an ein Geschirrhandtuch aus der Küche erinnert hatte. Oder hatte ich mir gar vor meinem nächtlichen Gefängnisausbruch eine lange Hose angezogen? Wie hätte ich das vor Nadine rechtfertigen sollen. Wenn sie mich beim Wiederkommen erwischt hätte. Morgens um vier, am Ende meines Freigangs. Als es in Rom schon fast wieder hell wurde. Obwohl: Das lange Hemd hätte ich ihr genauso wenig erklären können. Denn das war eins der eleganteren Sorte. Die ich in Deutschland nicht zur Arbeit anzog. Aber in den Urlaub mitnahm. Keine Ahnung warum. Um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wie in den 50ern und 60ern, wo die Leute noch elegant, in Anzug und Krawatte geflogen sind. Und nicht wie heute in Stranduniform und Sandalen mit Tennissocken. Keine Ahnung warum. Mein Urlaub war etwas Besonderes. Der Urlaub mit meiner Familie. Diese fast schon magisch anmutenden zwei Wochen im Jahr. Wenn es überhaupt zwei Wochen waren, die ich, die wir uns leisteten. Keine Ahnung. Das war das Hemd mit den verschlungenen Rosen auf schwarzem Stoff, das war richtig elegant. Das, wo man immer aufpassen musste, dass nicht auf einmal der Knopf in der Mitte, in der Mitte des Bauches aufging. Und man auf einmal unfreiwillig bauchfrei spazieren ging. Mit Guckloch. Aus dem bei genauerem Hinsehen schwarzbraune Brust und Bauchhaare quollen. Aber in Italien waren die vielleicht gar nicht so ungewöhnlich… Die platzenden Knöpfe wahrscheinlich aber schon, denn hier im Süden waren die Leute deutlich schlanker als in Mittel- oder Nordeuropa. Nicht so viel Frustessen, mehr Strandtage und eine mediterrane Diät trugen bestimmt zu dieser sprichwörtlichen bella figura der italienischen Männer und Frauen bei. So viel Schwabbel-Wabbel wie bei mir und bei meinen Landsleuten sah man hier auf jeden Fall nicht.

Ich könnte Sie jetzt belügen, lieber Leser. Ich könnte jetzt sagen, dass, kaum war ich aus der Tür getreten, mir eine leicht oder gar mittelschwer angeschwipste Italienerin (eine ragazza bella) in Feierlaune und mit nymphomanischen Neigungen in die Arme lief und sagte: „Wohin des Weges, dicker, aber durchaus gutaussehender Deutscher, ein tedesco bello, also. Und ich ganz verdutzt ihr entgegenstammelte: 

"No sé. Dunno."  

Sie mich mit ihren dünnen, aber energiegeladenen Armen ins Schlepptau nahm und in eine Bar im Zentrum (intra muris) entführte, wo sie mich dann einmal auf der Toilette und später noch zweimal bei sich zu Hause vergewaltigte. Wobei sie zu Hause so viel italienisches  temperamento zeigte, dass ihre beiden nicht minder geilen Freundinnen aufwachten und einfach mitmachten. Mich in Ketten legten und von vorne und von hinten, von unten und von oben und sogar von der Seite traktierten, bis sie Hunger bekamen und sich ein gefülltes Croissant und einen Espresso to go an der Ecke holten, nur um  dann gestärkt mich aufs Neue zu missbrauchen, während meine Frau schon auf der Wache die verschmitzt schmunzelnden carabinieri auf mich hetzte. Und ich dann nach fünf Tagen glücklich freigelassen werde. Mich gegen meine Freilassung mit Händen und Füßen wehre, mir die Handschellen selbst wieder anlege. Aber die mir überdrüssigen Italienerinnen setzten mich einfach so vor die Tür. In die Sonne. Ließen mich nicht mehr rein, egal wie sehr ich von außen gegen die Tür hämmerte. Beendeten jäh meine Fantasie...